Ca. 700 Jahre Pfarrei St. Andreas Hullern

Die letzte Kirche aus nachmittelalterlicher Zeit

Von der alten Kirche, die bekanntlich auf dem alten Friedhof stand und in einem Bittschreiben des Hullerner Kirchenvorstandes um milde Gaben für den Neubau einer Pfarrkirche im Januar 1894 als „zu klein und sehr verfallen, daß sie einzustürzen droht“ eingestuft worden war, sind erfreulicherweise drei Fotos erhalten. Das erste hier vorgestellte ist dem 1913 erschienenen Band „Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Coesfeld“ (1) entnommen. In ihm wird die Kirche als einschiffiger Renaissance-Ziegelbau „mit 5/8 Chor und Westthurm. Sakristei an der Nordseite neu. Holzdecken. Fenster eintheilig rundbogig; an der Ostseite spitzbogig, zweitheilig mit Maßwerk. Schallöcher flachbogig. Eingang an der Westseite rundbogig“ beschrieben.

Alte Kirche 1913

Dem Grundriss zufolge kann sie auf dem Fundament des mittelalterlichen Vorgängers errichtet worden sein.

Grundriss alte Kirche 1913

Bitte um milde Gaben für den Neubau der Kirche

Die Auswertung der im Bistumsarchiv aufbewahrten Pfarrakten hat erbracht, dass ab 1779 ein Kirchen- und Altarumbau erfolgte, der 1787 wohl mit der feierlichen Einweihung des neuen Turmes beendet war. Des weiteren standen umfangreiche Kirchenreparaturen und Renovierungen (u.a. Malerarbeiten) zwischen 1842 und 1860 an, in deren Verlauf der Hochaltar mit einem neuen Altarbild ausgestattet worden ist. (2) Laut Chronik der Landbürgermeisterei Haltern, die im Jahre 1840 angefertigt wurde, betrug die Versicherungssumme des Kirchengebäudes in der Feuersozietät 1020 Reichstaler. (3)
Mag die Summe auf den ersten Blick nicht einzuschätzen sein, so könnte man das Steueraufkommen des Kirchspiels Hullern aus dem gleichen Jahre mit 338 Talern Grundsteuer, 168 Talern Klassensteuer, 30 Talern Gewerbesteuer und 84 Talern Kommunalsteuer in Relation setzen.

alte Kirche

alte Kirche

Nach Abbruch der Kirche im Sommer 1895 wurde ein Teil des Gesteins anschließend in den Grundmauern der neuen Pfarrkirche verarbeitet.
Als Notkirche diente in der Zwischenzeit der Saal der Gaststätte Lohmann (heute: Kuhlmann). Den Besitzern wurde zur Auflage gemacht, den Saal nicht für Tanzfeste zur Verfügung zu stellen.
Die Glocken hingen in einem Gerüst auf dem Platz hinter dem Saale. (4)

Aquarell von 2002

Aquarell aus dem Jahre 2002 (Birgit Wallkötter, Hullern)

 


Quellen
(1) Ludorff/Darpe: Münster 1913, S. 149/150.
(2) BAM, Pfarrarchiv Hullern, Karton 5.
(3) Stadtarchiv Haltern, III, 3 (S. 203).
(4) Vgl. BAM, Hullerner Kirchenbuch Nr. 4, S. 37b (kleine Chronik).