Ca. 700 Jahre Pfarrei St. Andreas Hullern

Bruder Rembert Heumann vom Heimingshof - 1853 im Rufe eines Heiligen verstorben (1)

Hinweis im „Handbuch des Bistums Münster“ von 1946

Bei der Aufarbeitung der Geschichte des Ortsteils Hullern bzw. bei Recherchen für das 1994 erschienene Heimatbuch „Hullern - ein Dorf zwischen Lippe und Stever“ fand ich 1984 in dem von Börsting-Schröer bearbeiteten obigen Handbuch den Hinweis, der 1776 in Hullern geborene Gottfried Heumann sei 1853 als Bruder Rembert im Franziskanerkloster zu Wiedenbrück im Rufe eines Heiligen verstorben. (2)

Ich muss eingestehen, dass ich diesen Hinweis zwar bemerkenswert und interessant genug fand, um ihn in die Stammreihe der Familie einzuarbeiten, ihm aber nicht weiter nachgegangen bin.

Als 5. Kind der Eheleute Joan Bernd Brambrinck (gnt. Heumann/Heimann) und Maria Elisabeth, der Erbin des Heimingshofes (Haus-Nr. 1 im Kirchspiel Hullern), erblickte Godefridus am 25. August 1776 das Licht der Welt. Sein Bruder Hermann übernahm 1801 den Hof, starb aber schon 7 Jahre später.

Überrascht war ich Anfang 1994, als ich von einem Bekannten, der Kontakte zum Franziskanerkloster in Dorsten hat, eine Lebensbeschreibung des besagten Bruder Rembert erhielt (3) Da diese einerseits mit der Hofgeschichte verwurzelt ist, andererseits u.a. sogar im Handbuch der deutschen Heiligen Erwähnung findet, mag sie dem interessierten Leser nicht vorenthalten sein.

Auf dem Hof erlernte Braukunst

Wie mehreren Beiträgen zur Geschichte der Franziskaner in Deutschland (4) zu entnehmen ist, empfing Bruder Rembert Heumann im Jahre 1807 „das Kleid des hl. Franziskus“ und wohnte längere Zeit in dem Kloster zu Recklinghausen, wo er Brauer und öfter auch Koch war.

Gastwirtschaft
Foto: um 1924

Das Handwerk des Brauens hat der mittlerweile 31jährige - daran gibt es wohl keinen Zweifel - auf dem elterlichen Hofe an der Stever gelernt. Das Braurecht nämlich war den zu Schloss Sandfort gehörenden größeren Höfen seit Jahrhunderten verbürgt, außerdem lässt sich anhand von Steuerabgaben bis um 1790 ein „Ausschank“, ein „Schankstübchen“ auf dem Hofe belegen. Also mögen schon vor mehr als 200 Jahren so manche Wanderer an diesem Ort eingekehrt sein, die nahen Steverbauern und vielleicht auch ihr Gesinde regelmäßig den Durst gelöscht haben.

Klosterleben im Rufe eines Heiligen

Der folgende Beitrag ist ungekürzt der „Vita Seraphica“ (5) aus dem Jahre 1930 entnommen und verleitet in einigen Passagen sicherlich zum Schmunzeln.

Als das Kloster in Recklinghausen am 1. Januar 1835 ein Opfer der Säkularisation wurde, siedelte Bruder Rembert in das zu Wiedenbrück über, in dem er bis zu seinem seligen Tode am 8. April 1853 verblieb.

Bruder Rembert war ein kindlichgläubiger, tieffrommer und taubeneinfältiger Sohn des hl. Franziskus. Auf Wunsch der Oberen musste er manchmal ein Geschichtlein erzählen, das sich auf seine Küchenführung in Recklinghausen bezog. „Es war in der Mitte der Woche“, hub er dann an, „als ich das letzte Stück Fleisch in den Topf legte, um es zur Suppe zu kochen. Ich begab mich darauf in den Keller, um etwas daraus zu holen, und als ich zurückkehrte, war das Fleisch verschwunden.

Während ich nun die ganze Küche danach absuchte, kam der Bruder Pförtner Markus Keppelhoff herein. Ich fragte ihn, ob er soeben auf der Küche gewesen sei und das Fleisch aus dem Topf genommen habe, und er bejahte es. ,Aber warum hast du das getan? Ich wollte doch das Fleisch zur Suppe kochen.' ,Das wußte ich nicht', antwortete Bruder Markus, ,ich dachte, ich könne es den Armen geben, die hungrig an die Klosterpforte kamen.' Da durfte ich natürlich nichts mehr sagen und dem Bruder Markus keinen Vorwurf machen, da er es so gut mit den Armen gemeint und so nach dem Geiste des hl. Franziskus gehandelt hatte.“ „Aber was machten Sie denn“, fragte der Obere dazwischen, „als Sie kein Fleisch mehr hatten?“ „Ich kochte Milchsuppe.“ „Waren die Mitbrüder auch damit zufrieden?“ „Einige machten wohl ein langes Gesicht, aber es ging nicht anders, es war kein Fleisch mehr zu haben.“

Mitbrüder des Bruder Rembert berichten, er habe einst einem kranken Kinde, das die Ärzte schon aufgegeben hatten, durch sein Gebet die Gesundheit wieder erfleht. Ferner habe er ein blindgeborenes Kind durch das hl. Kreuzzeichen sehend gemacht. Mag es hiermit stehen, wie immer, jedenfalls ergibt sich daraus, dass Bruder Rembert als ein heiligmäßiger Mann galt.

Am Tage vor seinem Tode fragte ihn ein Pater, ob er noch einen Wunsch habe. „Nein“, erwiderte er, „morgen um 10 Uhr werde ich sterben und in den Himmel gehen.“ „Wer hat dir das denn gesagt?“ „Usse hillige Vadder Sint Franziskus. Er ist bei mir gewesen mit der hl. Klara, dem hl. Bonaventura, dem hl. Antonius und dem hl. Bernardin.“ Darauf sprach der Pater: „Bist du von Sinnen oder vom Teufel des Hochmutes besessen, daß du das sagst? Woher willst du die Heiligen kennen?“ Bruder Rembert antwortete: „Ich bin nicht von Sinnen und nicht besessen; ich kenne sie ganz gut, sie sind oft bei mir gewesen.“ Am folgenden Tage um 10 Uhr rief er den an seinem Sterbelager anwesenden Mitbrüdern zu: „Macht Platz! Sie kommen!“ Und selig lächelnd ging er in die Ewigkeit hinüber.

 


Quellen
(1) Vgl. Bruder, Heiko: Stammreihen alter Hullerner und AntruperFamilien, in: Hullern - ein Dorf zwischen Lippe und Stever. Hg. von der Schützengesellschaft Hullern e.V., Haltern. Lüdinghausen 1994, S. 129 - 134.
(2) Börsting-Schröer: Handbuch des Bistums Münster, Münster 1946, S. 221.
(3) Mein Dank gilt Rainer Brüggemann, Dorsten-Wulfen und Pater Heribert Griesenbrock, Franziskanerkloster in Dorsten.
(4) Literaturliste:
LMWi: Liber Memoriales Wiedenbrück: Bruder Rembert Heumann, vir humilis et timens Deum;
BB: Beiträge zur Geschichte der Franziskaner 1908, S. 52: 1835 bei Aufhebung des Klosters Recklinghausen dort Brauer und Bäcker;
HDH: Schütte, Handbuch der deutschen Heiligen, Köln 1941, S. 295: Heumann hebt Gebetsgeist und Einfalt hervor; Fst: Franziskus-Stimmen (seit 1917), 1926, S. 236;
VS: Vita Seraphica, 1930, S. 33 ff. (obige Lebensbeschreibung).
(5) Wie Anm. 4 (VS).

 

Manuskript weitgehend veröffentlicht in:
Halterner Jahrbuch 1997, S. 153 - 157