Ca. 700 Jahre Pfarrei St. Andreas Hullern
Die Vikarie Ss. Trinitatis (1805-1893)
„ Überzeugt von dieser Notwendigkeit, um so wohl die Seelsorge bestens ausüben, als auch den Gottesdienst gehörig abhalten zu können, hat der seelige Herr Theodor Henrich Langenhorst, gewesener Pfarrer in Hulleren, indem diese Pfarre von den umliegenden Kirchen 1 1/2 Stunde entfernt ist, und durch Überschwemmungen von der Lippe und Stever Fluß von den benachbarten Pfarren leicht abgeschnitten wird, seine ganze Nachlassenschaft zu einer Vicarie in Sanguine 1805 testamentarisch vermacht, die nach dessen Absterben 1808 von dem damals regierenden Herrn Herzogen von Arenberg genehmigt und 1812 vom Hochwürdigen münstrischen General=Vicariat zum Beneficium in Sanguine erigiert, und so fort am 15ten April desselben Jahres vom verehrten Herrn vicarius Adolf Becking angetreten ist.
Für die Richtigkeit
Henrich Meyknecht, Pfarrer in Hulleren“ (1)
Neben diesem von dem Nachfolger des verstorbenen Pfarrers aufgesetzten, in den Akten des Generalvikariats aufbewahrten Schreiben gibt die in lateinischer Sprache abgefasste, mehrseitige Fundationsurkunde (2) einen tieferen Einblick u.a. in die Auflagen der Stiftung sowie die Verpflichtungen des betreffenden „vicarius“ und listet die Patrone der „Blutsvikarie“ auf.
Das mit dem Titel „Vikarie Sanctissimae (et individuae) Trinitatis“ versehene Benefizium (= selbständiges Kirchenlehen innerhalb einer Pfarrei, mit dem das Recht des Genusses irgendwelcher Einkünfte verbunden ist/war) verpflichtete demnach den jeweiligen „Administrator“, die Frühmesse an Sonn- und Feiertagen zu halten, dem Pfarrer in der Seelsorge behilflich zu sein sowie zusätzlich einige wöchentliche Messen zu lesen. In jener Zeit war nämlich schon länger der Brauch üblich, für das Erreichen eines besonderen Anliegens und besonders zum Gedenken an Verstorbene häufig Messen lesen zu lassen, wobei die persönliche Teilnahme am Meßopfer weniger gefragt war.
Im Gegensatz zu einem Kaplan, der vom Pastor aus dessen Einkünften besoldet werden musste, war der Vikar somit wirtschaftlich unabhängig.
Etliche Pfarrarchivalien, wie „Capitalien= und Empfangs=Register“, Hebelisten, Grundstücks- und Vermögensangelegenheiten sowie der umfangreiche Schriftverkehr (3) , bestätigen u.a. die Auflage der Stiftung, sich vehement zum Wohle der Vikarie einzusetzen.
Als Verleiher, Patrone fungierten die Familien Schulte Langenhorst in Nienberge, Schulte Bicking in Werne, Große Brintrup in Roxel und Schmithuß in Nienberge sowie der Hullerner Pastor; das Kollationsrecht stand dem Bischof zu.
Die Vikarie ist seit 1893 nicht mehr besetzt worden. Laut Testamentsklausel fiel das gesamte Vermögen der Vikarie an die nächsten Blutsverwandten des Stifters, die es wohltätigen Zwecken zugeführt bzw. zum Teil der Hullerner Kirche übertragen haben.
Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Pfarrer Langenhorst durch ein etwa um 1790 ihm persönlich übertragenes Benefizium zu obiger Stiftung inspiriert worden ist. Pastor Uhlenbrock zu Lüdinghausen hatte als nächster Blutsverwandter ein „Benefizium in familia Uhlenbrock et Mersman(n)“ eingerichtet, das in vorliegenden Unterlagen als „Vicarie in Sanguine Uhlenbrock et Mersman“ oder auch als „Primissariat zu Hulleren“ bezeichnet wurde. „Laut assignation“ (Anweisung) hatte Pfarrer Langenhorst u.a. auch „auf dem Hauße Sandfort K. Olfen Messen zu lesen. (4)
Namentlich bekannte Vikare:
Becking, Adolph (Adrian) | 15.04.1812 - 1836 (* 27.07.1757), (gest. 30.06.1838) | |
Janning, Theodor (erst: Vikarie-Administrator (5) , dann: Ernennung zum Pfarrer) | 28.03.1836 - 1849 (* 12.10.1806) | |
Lenfert, Ferdinand aus Bork | 1849/50 - 1854 (* 10.02.1824) | |
Döring, Gerhard (Cooperator und Vikarieverwalter) aus Darup | 1854 - 1858 (* 28.07.1820) | |
Hagemann, Franz | 03.01.1859 - 1866 (* 16.09.1829) | |
Arenbeck, Anton aus Warendorf | 13.03.1866 - Febr. 1872 (* 26.07.1831) | |
Heuveldop, Bernard aus Greven versetzt nach Epe, Kreis Ahaus | 25.02.1872 - 31.03.1884 (* 07.12.1839) | |
Feldhege, Theodor aus Herten | 13.05.1884 - 1893 (* 08.08.1847) | |
Pater Ignatius (Niederstein, Aloysius Hubert), aus Sinzenich, Kreis Euskirchen | 03.08.1945 - 07.01.1946 (Cooperator) (* 28.04.1903) (gest. 14.02.1989 in Österreich) |
Quellen
(1) BAM, GV Hullern, A 10 (Anmerkungen: Testament vom 17.04.1805;
Todestag: 22.02.1808; Genehmigungsurkunde des Herzogs v. 29.05.1810).
(2) BAM, Pfarrarchiv Hullern (J 120), Karton 2.
(3) ebenda, Karton 1 und 2.
(4) BAM, GV Hullern, A 11 (in einem Schreiben vom 20.04.1839).
(5) Wie Anm. 2.