Sonstiges

Spartakisten in Hullern (März 1920)

Eines der interessantesten und brisantesten Kapitel der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert, die Spartakistenaufstände im März und April 1920, griff die WAZ 1988 in einer 17teiligen Serie auf, zumal auch in Haltern die Kämpfe zwischen der Reichswehr und den Rotgardisten einen nachhaltigen Eindruck hinterließen:

Rund 100 Menschen verloren hier ihr Leben, zumeist Opfer der unbarmherzig zurückschlagenden Regierungstruppen unter Reichswehrminister Noske.

Die wesentlichen Szenen spielten sich in der Stadtmitte, im Schloss Sythen, das als Quartier der Spartakisten diente, und in Hamm-Bossendorf ab.

Auch in Hullern, das in obiger Serie keine Erwähnung fand, rückten Spartakisten ein. Sie hatten sich am 22. März 1920 in (Fähr-) Leven über die Lippe setzen lassen. Nachdem es in Antrup zu einigen Plünderungen gekommen war, „nistete“ man sich gegen Abend im Dorf Hullern „ein“.

„Es war am Dienstag, den 22. März gegen Abend, als plötzlich der Herr Pfarrer von Hullern, Johannes Terwellen, hier eintraf und erklärte, die Roten seien in Hullern, er wolle bei uns übernachten, was ihm gern gewährt wurde. Es war nämlich eine Truppe, die sich mit Maschinengewehr Respekt zu verschaffen wußte... Am anderen Morgen bat uns der Herr Pastor, jemanden nach Hullern zu senden, um nachzusehen, wie denn die Verhältnisse lagen. Die Roten waren wieder abgezogen, und alles war wieder in Ruhe. Darauf ging er wieder heim. Als er sich jedoch anschickte, die hl. Messe in der Kirche zu lesen, kamen die Roten wieder, drangen in die Kirche ein und erklärten, heute würde keine Messe gelesen. Kinder und Leute flohen aus der Kirche und der Herr Pastor mußte die hl. Handlung aufgeben.“

(Pastor Terwellen wurde im Meßgewand bis in seine Wohnung gezerrt. Was er zahlte, um sein Leben zu retten, verschwieg er.)

„Daraufhin sind einige Rote zu den Bauern gegangen, von Hagemann die Stever herauf bis zwischen Hering und Streyl. Hier waren sie einer Patrouille der Reichswehr, 4 Mann stark, zu Gesicht gekommen. Es entspann sich ein Gefecht, und die Roten zogen sich zurück, weil sie jedenfalls glaubten, daß für die Reichswehrsoldaten eine Verstärkung bereit stehe. Einer der Roten ist (auf Streyls Feld) gefallen, es soll derjenige gewesen sein, welcher die hl. Messe verhindert habe.

Am anderen Tag sind sie nochmals wiedergekommen, jedoch auch gleichzeitig traf die ersehnte Reichswehr mit einem Geschütz ein, und die Roten liefen wie die Hasen, noch bevor sie Hullern erreicht hatten.“

(Auszug aus der Familien-Chronik des Hofes J. Heinrich Vinnemann an der Stever unmittelbar hinter der Hullerner Gemeindegrenze in der Bauerschaft Kökelsum, Olfen)

Ein bei den Kämpfen an der Lippe in Eversum gefallener Soldat der Reichswehr ist auf dem Alten Friedhof im Dorf begraben.

Quelle: Hullern - ein Dorf zwischen Lippe und Stever, 1994, S. 328.